„Energie ist immer ein politisches Thema“

Ein neues Gesicht mit bekanntem Hintergrund: Klaus Müller, bisheriger Bereichsleiter für Finance & Services bei naturenergie, hat nun die Position in der Geschäftsleitung übernommen und ist für den Bereich Kommunen zuständig. Hier das ausführliche Interview. 

Herr Müller, Gratulation zur neuen Position. Sie sind seit rund 30 Jahren im Unternehmen. Was gefällt Ihnen an naturenergie? Was überzeugt Sie?

Bei naturenergie habe ich meine Lehre gemacht, und es war nie langweilig. Es gab immer Veränderungen, naturenergie hat sich entwickelt. Dabei blieb das Unternehmen immer in der Region verankert. Hier stehen unsere Kraftwerke, sind unsere Netze. Hier wirkt unsere Nachhaltigkeit. Wir gehören zur Region. Was will man mehr?

Sind Sie selbst auch aus der Region?

Tatsächlich stamme ich aus Rheinfelden, Ortsteil Karsau. Die Wasserkraftwerke und die Netze der naturenergie hab‘ ich immer vor Augen.

Bisher haben Sie sich hauptsächlich um das Thema Finanzen gekümmert. Was werden Ihre Schwerpunkte in Ihrer neuen Funktion sein?

Schon seit zehn Jahren bin ich in der Rolle des Chief Financial Officer (CFO) in der naturenergie Gruppe. Diese Rolle nehme ich jetzt mit in die Geschäftsleitung. Die Finanzen sind sehr wichtig, denn die Zukunft der Energie braucht viel Geld. Für mich neu hinzukommen die Themen Nachhaltigkeit und Risikomanagement. Und dann sind da noch die Netze – das Herzstück der Energiezukunft.

Und die Kommunen, richtig?

Korrekt. Wer die Netze betreut, hat auch den Kontakt zu den Kommunen. Eine Aufgabe, auf die mich ganz besonders freue.  Gemeinsam mit Daniel Schölderle werde ich den Kontakt zu den Kommunen in unserer Region pflegen.

Warum? Weil Sie persönlich engagiert sind?

Ja. Nachdem ich um die Jahrtausendwende schon mal ein Mandat innehatte, habe ich mich entschieden, wieder ein kleines Amt zu übernehmen. Seit diesem Jahr bin ich Ortschaftsrat in Karsau. Da bin ich zwar nur ein kleines Rädchen im Politikbetrieb, aber in dem Gremium kommen die Themen oft unverblümt auf den Tisch. Da bekommt man eine andere Perspektive. Und bei der Energie- und Wärmewende ist die kommunale Perspektive besonders wichtig.

Warum?

Energie ist immer ein politisches Thema. Der Begriff kommunale Daseinsvorsorge hört sich zwar sperrig an, zeigt aber, dass Strom und Energie kein normales Produkt sind. Energie ist immer mit politischen Wünschen, Bedürfnissen, Entwicklungen und Zielen verbunden. Wir als Energieversorger sind Teil dieser Welt.
Aber wir brauchen auch den Blick der Kommune: Wo liegt ihre drängendste Aufgabe, wo der konkrete Bedarf?

Mutet die Politik den Kommunen zurzeit nicht sehr viel zu? Kommunale Wärmeplanung ist nur ein Stichwort.

Die Wärmewende ist schon eine sehr große Zielsetzung. Dazu kommen Schule, Krankenhausversorgung, Verkehr und so weiter. Letztendlich gilt es, nicht in der Problemanalyse stehen zu bleiben, sondern in konkreten Schritten voranzukommen und auch Zwischenerfolge klar zu benennen.

Vor welchen Herausforderungen steht Karsau derzeit?

Es gibt einen massiven Spardruck. Wenn die finanziellen Mittel ausgehen, spüren wir das natürlich auf Ortsebene. Es geht um Digitalisierung und somit die Transformation, wie wir zusammenarbeiten und zusammenleben. Damit sind wir bei der Wohnbebauung und Verkehr, Wärme, Energie …. Alles Themen, die andere Kommunen auch beschäftigen.

Wie können die Kommunen das alles stemmen?

Das ist schwierig, gerade bei Klimaschutz und Energiewende. Die Verringerung des CO2-Abdrucks muss ja finanzierbar sein. Hier hilft gute Planung. Am Ende wird vielleicht nicht alles möglich sein, aber es lohnt sich, auf die Stellhebel abzuzielen, die eine große Wirkung versprechen, wie etwa Wärmeplanungen im Quartier und die Bürger früh einzubeziehen und mitzunehmen.

Was kann naturenergie hier tun?  

Wir bieten maßgeschneiderte Lösungen, zum Beispiel mit unserer Gesellschaft naturenergie systeme in Blumberg oder mit unserer naturenergie sharing. Deshalb bieten wir Kommunen den Dialog an: Was braucht ihr? Haben wir die Lösung? Wie kommen wir gemeinsam weiter? Lösungen von der Stange gibt es nicht. Da sind alle Kommunen zu einzigartig. 

Was beschäftigt die Kommunen noch?

Bei meinen ersten Vorstellungsgesprächen bei den Kommunen und den kommunalen Vertretern kam sofort das Thema Mobilität auf den Tisch. Auch hier kann naturenergie mit der naturenergie sharing konkrete Lösungen anbieten.

Welche?

Ergänzend zur Umrüstung kommunaler Fahrzeugflotten auf Elektroantrieb implementieren wir die Ladeinfrastruktur. Auch Carsharing in der Entwicklung von Quartieren ist eine Option. Wir können Lösungen bieten, wo immer sie bezahlbar und finanzierbar sind. Und wenn die Angebote genutzt werden, lohnen sie sich in der Regel auch.

Frage an den Finanzexperten: Inwieweit lohnt sich sparen?

Das ist einer der größten Stellhebel. Jede Kilowattstunde, die ich nicht verbrauche, muss auch nicht erzeugt und transportiert werden. Und - sie muss am Ende nicht bezahlt werden. Worüber wir hier sprechen, weiß ich nicht nur als CFO eines Energieunternehmens. Ich war mal Vorsitzender des Turnvereins im Ort. Der Energiebedarf einer Turnhalle ist immens. Hier liegt ein riesiges Einsparpotenzial. Genauso wie bei der Straßenbeleuchtung. Mit LED-Technik zum Beispiel sinkt der Verbrauch und die Stromrechnung wird günstiger.

Was haben Sie sich mit naturenergie langfristig vorgenommen? Wo steht das Unternehmen in fünf oder zehn Jahren?

In den letzten Jahren sind wir sehr stark gewachsen, wir haben mittlerweile 1.300 Mitarbeitende. Und das Unternehmen wird sich weiter verändern. Früher haben wir Strom erzeugt und verkauft. Heute ist unser Betätigungsfeld viel größer. Denken Sie an Trinkwasser, Wärmenetze und Elektromobilität. Die Entwicklung wird weiter gehen – zum zentralen Lösungsanbieter für Energiefragen in der Region, in Südbaden und der Schweiz. Dabei ist mir gerade in meiner Position die finanzielle Stabilität wichtig.

Warum übernimmt naturenergie Dienstleistungen wie beim Trinkwasser?

Trinkwasser ist ein sehr politisches Thema. Natürlich würden das die Kommunen gerne selbst machen. Aber finden sie noch die geeigneten Wassermeister auf dem Arbeitsmarkt? Hier können wir eine Hilfestellung geben. Wir können Ressourcen bündeln und effizient zur Verfügung stellen.

Und naturenergie hat immer die passenden Mitarbeiter?

Natürlich wird es auch für uns nicht leichter auf dem Arbeitsmarkt. Aber ich denke, wir sind ein attraktiver Arbeitgeber für Menschen mit unterschiedlichsten Interessen und Fähigkeiten. Ob im Büro, in der Werkstatt oder draußen auf Montage - wir schaffen es, als attraktiver Arbeitgeber die Fähigkeiten und Ressourcen zu bündeln und effektiv einzusetzen.

Bildunterschrift: Klaus Müller, Mitglied der Geschäftsleitung der naturenergie holding AG.